Brauchtum
1. Allgemeines
Brauchtum ist bewusste Traditionspflege. Auch die Jäger pflegen ihr Brauchtum. Das jagdliche Brauchtum hat sowohl praktische als auch festliche Aspekte. Einige davon werden im Folgenden vorgestellt.
2. Jägersprache
Die Jägersprache, also die alte Fachsprache der Waidmänner, ist ausgesprochen bildhaft: Der Hase, dessen Ohren „Löffel“ genannt werden, schwimmt nicht etwa durchs Wasser, sondern „rinnt“ hindurch. Der erlegte (Reh-) Bock, der soeben noch „geäst“ oder den „Bast“ vom Gehörn „gefegt“ hat, wird „aufgebrochen“ und damit „versorgt“. Diese anschauliche Sprache wird von den Jägern gepflegt und teilweise auch weiterentwickelt. Mit dem Jägerlatein, dem Seemannsgarn der Jäger, hat die Jägersprache nichts zu tun; Jägerlatein sind launige Übertreibungen und dienen nur der Unterhaltung .
3. Bruchzeichen
Bruchzeichen – oder kurz: Brüche – bestehen aus abgebrochenen Zweigen, die auf eine bestimmte Art und Weise gelegt werden und so eine besondere Bedeutung haben. Früher wurden Bruchzeichen als Markierungs-, Hinweis- und Verständigungszeichen verwendet. Im Handy-Zeitalter verständigt man sich inzwischen anders. Als allgemeine Hinweise auf z.B. Gefahren sind Brüche allerdings auch heute noch gut zu gebrauchen. Ausgesprochen wichtig sind Brüche als Markierungen von z.B. Anschußstellen. Sind Zweige dann nicht zur Hand, nimmt der Jäger auch gerne Papiertaschentücher, die zudem besser sichtbar sind. Erlegtes Schalenwild, also vor allem Rehwild und Schwarzwild (= Wildschweine) erhält einen kleinen Bruch in den Äser (= das Maul), den sog. letzten Bissen. Damit wurde früher die rechtmäßige Erlegung angezeigt. Ursprünglich war das nur bei männliches Stücken üblich, heute aber vielfach auch bei weiblichem Wild.
4. Jagdhornblasen
Auf den Gesellschaftsjagden müssen sich – früher wie heute – Jäger (und Treiber) untereinander verständigen, damit die Jagd sicher und reibungslos abläuft. Diese Verständigung erfolgt(e) durch einfache Hornsignale. Aus diesen einfachen Hornsignalen hat sich in den letzten 70 Jahren das Jagdhornblasen entwickelt, eine Art Jägermusik mit besonders komponierten Signalen und Märschen, die bei festlichen und geselligen Anlässen gespielt wird. So wird eine Gesellschaftsjagd heute mit einem dekorativen Signal „angeblasen“ und an ihrem Ende die erlegte Strecke mit speziellen Signalen „verblasen“. Die Verständigung auf der Gesellschaftsjagd selbst erfolgt nach wie vor mit den ganz einfachen, praktischen Hornsignalen.
5. Hubertusmesse
Das regelrechte Jagdhornblasen hat keine jagdpraktische Bedeutung (mehr), wird aber als jagdliches Brauchtum gepflegt. Unter anderem dient das Jagdhornblasen zur musikalischen Untermalung der Hubertusmessen, die es unter diesem Namen erst seit 1965 gibt. Davor gab es schon lange sog. Jägermessen. Diese hatten ihren Ursprung darin, dass in früheren Zeiten die Teilnahme am Gottesdienst regelrecht Pflicht war, die Jäger dafür aber nicht recht Zeit hatten. So wurden kurze und knappe Gottesdienste speziell für Jäger konzipiert, eben die Jägermessen.
6. Ausblick
Neben diesen ausführlich dargestellten Aspekten des jagdlichen Brauchtums gibt es sehr viele weitere kleinere und größere, untergeordnete und bedeutendere, alt überlieferte und neue Brauchtumsvarianten. Brauchtum pflegen heißt, an Traditionen festhalten, sich neuem gegenüber aufgeschlossen verhalten und Veränderungen mitgestalten.